Mönchshof, Vogtei und Doktorhof

Die heutige Hausnummer 4 ist nach der Kirche nicht nur das älteste Grundgemäuer, sondern auch der geschichtsträchtigste Platz im Dorf. Der untere Teil des Angers nördlich der Kirche war dem Verwaltungssitz der Paulinzeller Mönche und ihrer Nachfolger zugeordnet. Wann der Pfarrhof abgeteilt wurde, ist heute nicht mehr korrekt zu bestimmen. Ursprünglich wurde aber aus dem Mönchshof die Wirtschaft und das geistige Leben zusammen geleitet.

Am 09. Dezember 1543 wurden die ehemaligen Paulinzeller Flächen und Gebäude in Gebstedt von dem Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen an die Grafen von Schwarzburg überlassen, weil diese auch das ehemalige Kloster Paulinzelle mit allen Besitzungen zugesprochen bekamen. Durch Erbrecht fiel es danach an die fürstliche Linie von Hessen-Homburg, die es 1582 ihrem Kammersekretarius Johann Neumeier von Ramsla als Freigut überließ. Die Neumeiers von Ramsla waren eine Weimarische Beamtenfamilie mit Sitz in Ramsla bei Weimar. Johann Neumeier von Ramsla, der herzoglicher Rat in Weimar war und dessen Frau Susanna, geb. Köhler, die die Kammerfrau der Herzogin von Sachsen war. Aus dieser Familie entstammte u.a. Kilian Neumeier von Ramsla, der in Ramsla geboren, der 1588 an der Universität Jena studierte und dann als Kornett, herzoglicher Rat in Weimar und Steuereinnehmer war. Er wurde auch als „Literatus“ beschrieben, weil er eine Anzahl von Büchern geschrieben hat. Kilians Ehehfrau Euphroyana, geb. Schröter, stammte aus der bekannten Weimarer Handels- und Bürgermeisterfamilie Schröter, die auch zu den Vorfahren Goethes gehörten. Euphroyana Schröter war eine Nachkommin des Reformationsmalers Lucas Cranach d. Ältere.

Sohn und Erbe von Kilian Neumeier war Marcus Ludwig Neumeier von Ramsla (*09.04.1610 in Weimar, †† 16.02.1678 in Gebstedt), der zuerst in Jena studierte und dann als Kornett und Kriegskommissar im herzoglichen Weimar diente. Nach dessen Tod erbte sein Sohn Justus Christian Neumeier von Ramsla (* 21.12.1651 in Gebstedt, † 17.01.1716 in Gebstedt) 1678 u.a. den Freihof in Gebstedt.

Als letzter dieser Linie erbte 1717 der hessisch-homburgische Laibarzt Dr. med Christian Hermann Cottendorf aus Sontra den Freihof. Durch ihn bekam der Freihof den Beinamen „Doktorhof„. Christian Hermann war ein Sohn des Pfarrers Christian Friedrich Cottendorf in Sontheim und seiner Frau Dorothea Euphrosyna, geb. Neumeier von Ramsla. Sie war eine Schwester vom Kornett Justus Christian Neumeier von Ramsla. Christian Hermann Cottendorf starb am 08.02.1733 in Gebstedt. Danach fiel Gut und Hof wieder an das Fürstenhaus Hessen-Homburg zurück.

In einigen Quellen ist aufgeführt, dass nach dem Tod von Dr. med Christian Hermann Cottendorf der Doktorhof verfallen ist und an die Nachbarn verkauft wurde. Das ist nicht zutreffend, da 1747 noch ein hessisch-homburgischer Bevollmächtigter im Doktorhof ansässig war und als von Traxdorf beurkundet wurde. In der Folgezeit hatte der Hof für Hessen-Homburg keine Bedeutung mehr, wahrscheinlich auch wegen der weiten Entfernung. Nun verfielen die Gebäude nach und nach.

Diesem von Traxdorf ist es aber auch zu verdanken, dass die Kirche 1747 wieder so errichtet wurde, wie sie heute noch zu weiten teilen steht. Über dem Westportal des Langschiffes ist eine Sandsteinplatte eingelassen, die das Patronat des Fürsten Hessen-Homburg dieser Kirche würdigt. Leider ist dies auch die Wetterseite der Kirche und die Platte so stark beschädigt, dass man kaum die Schrift erkennen kann.

1782 ging die ehemalige Mönchshof und seine Besitzungen von Hessen-Homburg an Sachsen-Weimar über. In der alten, leider verschollenen Chronik soll drin gestanden haben, dass der Herzog von Weimar einem seiner Kammerherren das Gut geschenkt hat. Dieser hat es offensichtlich nicht behalten, sondern weiterveräußert, denn durch eine Streitakte aus dem 1837 wissen wir, dass Michael Müller IV die alten Gebäude weggerissen hat und neu aufbaute (1835-37). So, wie sie noch heute stehen. Das Wohnhaus steht offensichtlich auf den Grundmauern der ehemaligen Vogtei und am westlichen Rand hat er eine Scheune gesetzt. Da diese plötzlich die Sicht des Pfarrhauses beeinträchtigte, wurde sie zum Streitpunkt und Inhalt dieser Streitakte.

Später erwarb die Familie Hubold das Haus, die es bis heute bewohnt.