Die Kippermünze in Gebstedt

Am 26.10. 1621 bekam der Münzmeister Bernhard Hillard aus Eckartsberga die fürstliche Genehmigung aus Weimar, eine Münzstätte in Gebstedt zu eröffnen [1]. Er hatte zuvor schon eine Bestallung für Eckartsberga vom sächsischen Kurfürst Johann Georg erhalten, diese aber nach heutigem Kenntnisstand nie genutzt.

Der genaue Standort der Münzpräge ist leider bisher nicht belegbar, aber es ist davon auszugehen, dass dies in der ehemaligen Vogtei stattgefunden hat. Denn alle anderen Gebäude ringsherum mit Ausnahme der Schule, der Pfarre sowie der Kirche waren Bauernhöfe.

Der Münzmeister Hillard muss ein umtriebiger Geschäftsmann gewesen sein, denn er leitete schon bald weitere Münzstätten in Rothenstein und Burgau, nahe Jena.

Nun ist Hillard seiner Pflicht als Eigentümer der Münzstätte in Gebstedt nicht immer 100-prozentig nachgekommen, so dass es wohl mehrere Mahnungen aus Weimar gab. Durch die Übernahme anderer Münzstätten konnte er die Gebstedter Münze nicht mehr selbst betreiben und verpachtete sie im Januar 1622 an Clemens Holldorf weiter. Dessen Fehler waren jedoch noch gravierender, sodass der Weimarer Herzog ihn mit einer Strafe von 2.000 Gulden belegte [1].

Diese wurde beglichen, ohne dass es weitere Konsequenzen hatte. Am 24. März 1623 bat der Pächter das Weimarer Fürstenhaus um Einstellung der Münze [1].

Prägungen

Nachweislich geprägt wurden Kupferpfennige sowie Silbergulden. Die Silbergulden entsprachen 60 Kreutzer [2]. Kennzeichnend für die Münststätte der Vogtei Gebstedt waren die Buchstaben VG.

Schon von Anfang an war der Silbergulden, der bald nur noch Gulden genannt wurde, als eine Zusammenfassung von 60 Kreuzern verstanden worden. Dies entsprach auch dem damaligen Wert des Goldguldens. Da betrügerische Münzherren bis ins 19. Jahrhundert hinein ihren Gewinn bei der Münzprägung immer wieder dadurch vergrößerten, dass sie vor allem den kleineren Nominalen – denjenigen für das „gemeine Volk“ – immer weniger Silber beimengten[32], sank der von sechzig Kreuzerstücken repräsentierte Wert langsam aber stetig. Die Folge war, dass der später tatsächlich geprägte Gulden, der Speziesgulden, bei gleichbleibendem Silbergehalt im Wert relativ zu den Kleinmünzen stieg, während der Rechnungsgulden zusammen mit diesen absank.

Als Rechnungsmünze tritt der Gulden erstmals im Reichsabschied von 1551 in Erscheinung: Vom neuen Reichsguldiner wurden 864127 aus der feinen Kölner Mark (233,856 g) Silber geprägt. Da er aber auf 72 Kreuzer festgesetzt worden war, hatte eine feine Kölner Mark in Rechnungsgulden zu 60 Kreuzern einen Wert von „zehen floren, zwölf kreuzer, und ain Vierthail ains kreuzers, 17127 ains Pfennigs“, mit anderen Worten 864127 Guldiner enthielten Silber im Wert von 1026127 (Rechnungs-)Gulden. Dieser blieb bis ins 19. Jahrhundert die wichtigste Rechnungsmünze in Süd- und Westdeutschland. In Norddeutschland wurde Mitte des 17. Jahrhunderts der Reichstaler zu einer Rechnungsmünze im Wert von 24 Guten Groschen = 36 Mariengroschen (= 90 Kreuzer). Damit zerfiel Deutschland, was die Hauptrechnungsmünze angeht, endgültig in die norddeutschen „Taler-Länder“ und in die süddeutschen „Gulden-Länder“. Es ergaben sich folgende feste Verhältnisse: 1 Reichsgulden (Fl.) = 60 leichte oder rheinische Kreuzer (Kr. oder Xr.) = ⅔ Reichstaler (Rtl.) = 16 Gute Groschen (ggr.) = 24 Mariengroschen (Mgr.) [2].

Historischer Kontext

Die Hochzeit der Kippermünzen bzw. der „Kipper und Wipper“ wird im Allgemeinen zwischen 1619 und 1623, also während des 30-jährigen Krieges gelegt. De facto galt noch die Reichsmünzordnung von 1559, aber sie lies den regionalen Münzherren, wie z.B. dem Weimarer Herzog, eine kleine Hintertür offen, indem sie ihnen erlaubte, regionale kleine Münzen in eigener Regie herzustellen, die nicht strikt an die Vorgaben der Reichsmünzordnung gebunden waren. Somit erließen die Münzherren zu dieser Zeit die Genehmigung für eine Vielzahl von sog. Kippermünzen und freuten sich über die dadurch reichlich sprudelnden Einnahmen für Ihre Kasse.

Der Name Kipper und Wipper leitet sich von der Praktik der betrügerischen Münzentwertung ab, nämlich dem Wippen der Waagbalken beim Auswiegen der Münzen auf einer Schnellwaage und dem anschließenden Kippen (niederdeutsch für „Aussortieren“) der schwereren Stücke, aus denen dann unter Zugabe von Kupfer, Zinn oder Blei  geringerwertige neue Münzen hergestellt wurden.

Diese minderwertigen Münzen ließen ihren Geldwert ins Bodenlose fallen. Zum Teil war der Taler 1623 weniger als 1/1000 von dem von 1620 wert. Das führte zu heftigen sozialen Verwerfungen und zwang die Münzherren schließlich wieder zur alten Deutschen Münzordnung zurück.

Quellen:

  • [1] Die Kippermünzen der Herzöge von Sachsen-Weimar 1619 – 1622, Lothar Koppe / Theobald Seitz, Neu Zittau 2012
  • [2] https://de.wikipedia.org/wiki/Gulden
  • https://de.wikipedia.org/wiki/Kipper-_und_Wipperzeit
  • [3] Eugen Rahnenführer, Die Kursächsischen Kippermünzen, Deutscher Verlag der Wissenschaft, 1963,
  • [4] Eugen Rahnenführer/ Gerhard Krug, Die Kursächsischen Kippermünzen II., Deutscher Verlag der Wissenschaft, 1969
    (Ergänzung zu Rahneführer, Die Kursächsischen Kippermünzen)
  • [5] Manfred Miller, Sachsen, Münzen und Medallien,

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