Historische Brücke Gebstedts

Durch Gebstedt fliest ein kleines Bächlein, der Huldenbach. Früher war er wohl mit mehr Wasser gesegnet, wovon alte Mühlenstandorte Kunde hinterlassen haben. Über diesen kleinen Bach spannen sich drei Brücken im Ortschaftsgebiet. Zwei davon sind älteren Datums, eine ist neu und mit der sogenannnten Umgehungsstraße gebaut worden. Die alten Brücken basieren auf dem Grund von Formstein-Brücken aus dem 18. Jhd.. Dr. R.-A. Jung geht davon aus, dass die mittlere Brücke ursprünglich vom Ritter Hartmann von Gebstedt errichtet wurde, der 1210 urkundlich erwähnt ist. Diese Brücke am heutigen Spielplatz scheint die älteste in Gebstedt zu sein und war Bestandteil einer wichtigen Gabelung des Weges zwischen Weinstraße und Eckartsberga (als Vorläufer der Via Regia zwischen Erfurt und Leipzig) mit dem Abzweig über Rudersdorf nach Buttstädt. Dieser Abzweig ist aber keine bedeutungslose Nebenstrecke gewesen, sondern gehörte nach Dr. R.-A. Jung der sog. Heerstraße an, die sich in weitem Bogen von Buttstädt über Rudersdorf, Gebstedt, Reisdorf, Auerstedt nach Sulza zog. Untermauert wird diese Ansicht u.a. über die Truppenbewegungen während der Napoleonischen Zeit, über die es genug Berichte in unseren Ortschaften gibt.

Die westliche Brücke war zu DDR-Zeiten so marode, dass kurzerhand die kaputten Brückenteile abgerissen und mit Eisenbahnschienen und Beton ersetzt wurden. Die mittlere Brücke wurde mit der gleichen Methode überbaut und bei der Gelegenheit begradigt und um einen Gehweg erweitert. Unter dieser Konstruktion wurde aber die alte historische Brücke zum Glück nicht abgerissen, sondern nur überbaut.

2018 wurden bedrohliche Schäden an der mittleren Brücke festgestellt, die in der Denkmalliste verankert ist. Da die Brücke drohte einzustürzen wurde sie kurzerhand für den Verkehr gesperrt und war nur noch für Fußgänger offen.

Blick unter die Brücke mit der desolaten Tonne

Die Landgemeinde Stadt Bad Sulza hatte dann die Finanzen für die Reparaturarbeiten im Haushalt eingeplant und eine Ausschreibung entschied den ausgewählten Handwerksbetrieb. Im Oktober 2019 begannen die Arbeiten.

zu Beginn wurde das DDR-Betonpflaster aufgenommen um die Brücke auf ihren historischen Kern zurück zu bauen

Obwohl es ein reines Projekt der Landgemeinde Stadt Bad Sulza war, gab es von Beginn an das Angebot, dass der Heimatverein Gebstedt e.V. seine Meinung zum Projektverlauf äußern kann. Ursprünglich geplant und mit dem Denkmalschutz auch abgestimmt war eine Brückenlösung, die den vorherigen Zustand wieder her stellen sollte. D.h. eine Betondecke als Straßenoberfläche und einen Fußgängerweg.

Als die DDR-Relikte der Brücke zurück gebaut waren, offenbarte sich die alte historische Brücke mit Rundbogengewölbe und teilweise erhaltenem historischen originalen Pflaster.

rechts desolates Tonnengewölbe und links Reste des direkt aufliegenden originalen Pflasters, was im leichten Bogen die Brücke überspannte

Daraufhin intervenierte der Heimatverein gegen die ursprüngliche Planung, denn für das Ortsbild erschien es uns vernünftiger, die alte Brücke in ihrer Kubatur zu erhalten und die Oberfläche nicht mit Beton, sondern mit Pflaster zu belegen. Als Kostenkompensation schlugen wir vor, auf den geplanten Fußgängerweg zu verzichten, den es bei der historischen Brücke auch nicht bedurfte. Dankenswerterweise folgten die Entscheider dieser Zielvorstellung und so wurde zunächst das Tonnengewölbe wieder instand gesetzt.

nachdem die Handwerker eine Gewölbelehre gebaut hatten, wurde mit deren Hilfe die Gewölbesteine neu positioniert und verfugt

Dem folgten das Aufmauern der beiden Flanken und aus statischen Gründen eine überlagernde Stahlbetondecke mit Widerlagern. Damit ist abgesichert, dass das Gewölbe nie mehr unter eine nennenswerte mechanische Belastung kommt. In dieser Baustufe überwinterte das Projekt.

Im Mai 2020 bekam die Brücke ein Stahlgeländer, was offenbart, dass die historische Brücke früher einem anderen Straßenverlauf folgte, d.h. sie steht in Bezug auf die heutige Straße nicht im Winkel (vgl. Titelfoto oben). Für die Thüringer Allgemeine war dies so interessant, dass sie darüber im Apoldaer Lokalteil in Zusammenhang mit der offiziellen Eröffnung berichtete.

Als letzter Schritt erfolgte im Juni 2020 die Arbeiten mit der Pflasterung der Straßenoberfläche.

Pflasterung der Brücke

Wenige Tage später, am 20. Juni 2020, wurde die Brücke wieder für den Verkehr frei gegeben. Da fragte sich der Heimatverein, ob wir das so sang- und klanglos an uns vorüber laufen lassen wollten – natürlich nicht! Also entschlossen wir uns spontan zu einer symbolischen Brückeneröffnung.

Spontane Brückeneröffnung durch den Heimatverein

So versammelten sich etliche Mitglieder des Heimatvereines zu diesem spontanen Akt. Am Band v.l.n.r. stehen Jochen Meese, Uta Bauch, unser Dorfältester und Ehrenmitglied im Heimatverein Martin Thiele, Ortschaftsbürgermeister Gerd Brückner sowie Heinz und Ute Kronberg. Leider war aber bei dieser spontanen Eröffnung der Bürgermeister Dirk Schütze nicht greifbar gewesen, also fand wenige Tage später die offizielle Eröffnung mit Bürgermeister Dirk Schütze statt.

Heute steht die Brücke in ihrem neuen Kleid und versucht sich in das Ortsbild einzuordnen und niemand vermisst den nicht mehr vorhandenen Gehweg! 😉

Quellen:

Dr. R.-A. Jung, Geschichte von Gebstedt, erschienen in „Heimatglocken“, 1928